Verspätung auf Tatooine – Spartan Race Middle East Championship, Sharjah

von Gregor Cohnen

Der Start in meine dritte OCR Saison beginnt mit grosser Vorfreude im Februar 2019 und natürlich recherchiert man die Rennkalender über die Weihnachtsferien, fantasiert und plant viel und meldet sich zu einigen Rennen tatsächlich auch an. Nach dem epischen Rennwochenende in Sparta im November 2018 (siehe hier) erwischt man sich aber auch dabei das man von einem gewissen Entdeckungsdrang auf neue Rennen an neuen Locations getrieben wird.

So springt mir die SPARTAN RACE CHAMPIONSHIP MIDDLE EAST & AFRICA ins Auge. Zunächst nur eine Fantasie, aber da ich gerne Reisen plane (vor allem wenn interessante Flugverbindungen darin vorkommen) setze ich mich an einem verregneten Nachmittag mal hin und stelle mir vor wie man nach Sharjah kommen könnte. Google Earth ergibt das Sharjah in den Vereinigten Arabischen Emiraten östlich von Dubai und Abu Dhabi liegt und wie auch Ras-Al-Khaimah, Umm-Al-Quwain, Sharjah, Al Ain, Fujairah und Ajman weitestgehend unbekannt ist.

Egal es klingt wie aus Tausend-und-einer-Nacht und damit ist mein Sinn fürs Abenteuer geweckt. Verführerisch präsentiert Google auch einen sehr günstigen Flug mit PEGASUS Airlines über Istanbul direkt nach Sharjah. Mit Hotelpreisen in der absoluten Nebensaison ergibt sich fuer den Trip eine totale Kostenposition von ca. EUR 700,- immer noch viel aber fuer eine Reise bis nach Asien? Als meine Frau (klug wie sie ist) auch noch vielsagend darauf verweist, das ja Anfang Februar mein Geburtstag ist, entscheide ich mich sehr spontan für 4 Tage in die Wüste zu fliegen. Klima-Bilanz mal kurz ignoriert. Es hat mich schon immer gereizt einmal einen Lauf in einer Wüste zu machen, aber vielleicht nicht direkt den Marathon-des-Sables oder so. Ein für mich bewährtes Spartan Format in der Wüste klingt verlockend.

Ich entscheide mich fuer die BEAST Distanz mit 21 km, mit der Absicht diesmal mit der harten Variante nicht bis zum Ende der Saison zu warten. Besser schnell erledigen und dann gemütlich kürzere Rennen trainieren. Als mit Thomas Kimpel noch ein anderer Kamerad vom OCR Munich mit an Bord kommt, wird  eine runde Sache daraus. Das Rennen findet in einem Naturpark mit Namen Mleiha statt und bietet eine atemberaubende (fast kitschige) Kulisse wie aus einer “Lawrence of Arabia” Verfilmung. Dicht an der Grenze zum Oman gelegen, gibt es endlose hoch-aufgetürmte Dünenmeere, Berge aus Felsen die in der Sonne rosa erstrahlen alles bei einer Temperatur von 28 Grad, was in den Emiraten als kühl gelten darf. In Mitten dieser echten Wildnis gehen die wenigen Spartan Zelte beinah verloren. Wenn es auf Tatooine ein Spartan Race gäbe, wäre es genau so. Leider gibt es am Vorabend keinen Check-in Prozess, etwas das sich am nächsten Tag bitter rächen wird. Von Sharjah Airport und meinem Hotel ist der Veranstaltungsort ungefähr 90 min Autofahrt weit weg und ich starte im Hotel mit Cafe und Sandwich um 06:00 fuer meine Startwelle um 08:30. Da ich die Strecke am Tag zuvor gefahren bin, folge ich relativ gleichgültig dem Navi durch die brandneue Autobahn-Infrastruktur. Als das NAVI allerdings bald immer wieder 180 Grad Kehren vorschlägt, werde ich misstrauisch und tatsächlich habe ich irgendwo eine falsche Auffahrt genommen und bin mal eben 30 km in die falsche Richtung gefahren. Egal nach Kurskorrektur errechne ich das es immer noch zu schaffen ist, allerdings entpuppt sich dann der Registrierungsprozess als eher ineffizient, scheinbar kann man eine Menge Dinge auf Arabisch in letzter Minute mit den Volunteers verhandeln. To make a long story short: ich verpasse meine BEAST Startzeit um wenige Minuten, was mich sehr ärgert vor allem weil ich Thomas somit als Race Buddy versetze. Als ich dann den alternativen Sprint antrete, bin ich letztlich nicht so unglücklich, da selbst die 8 km sich als anstrengend herausstellen.

Die Strecke beginnt in einem Lauf durch imposante und steile Dünen, und man sinkt leicht bis zu den Knöcheln im Sand ein. Es ist absolut unvorstellbar wie anstrengend es ist eine Düne hochzulaufen…mein Puls erreicht Höhen wie selten, lustig ist es dann die Düne runter-zulaufen eine Art kontrollierter Fall auf dem sehr weichen Untergrund auch nicht weiter schlimm. Die Hindernisse sind typisch Spartan, es gibt einige Walls und auch sehr willkommene Schlammlöcher, eines zum Durchtauchen sogar mit Eis gefüllt, dank eines Kühltransporters der neben dem Hindernis geparkt ist. Die  Klimabilanz ist auf dieser Reise definitiv belastet. 

Was mir leider auffällt ist eine geringe Konformität mit den Wettkampfregeln bei einigen Athleten und keinerlei Versuch seitens SPARTAN ARABIA irgendetwas dagegen zu unternehmen. Da werden ungeniert Abkürzungen genommen, Hindernisse ausgelassen und Volunteers sogar sichtbar eingeschüchtert. Burpees scheinen weitestgehend unbekannt. Schade wenn man bedenkt das man so ein Rennen doch freiwillig macht. Ich stelle mir vor das der Spartaner-Kopf auf der Medaille einen des Nachts sehr vorwurfsvoll von der Medallien-Wand anguckt, wenn man ihn nicht redlich verdient hat “Earned not Given” eben. Aus Angst davor halte ich mich an alle Regeln, mache einmal 30 Burpees bei den Monkey Bars (- der Volunteer versucht mich nach 10 Burpees wegzuschicken), welche gefühlt bei 1.70 m aufgehängt sind und damit für mich eher einem Low-Rig entsprechen bei dem die Füße allerdings nicht verwenden darf. Nach den Sanddünen geht es auf felsigen Untergrund weiter, der Wire Crawl ist natürlich hier auf steinigem Boden. Obwohl ich den Sprint gezwungenermassen mit meiner BEAST Ausrüstung laufe d.h. mit Mütze, Sonnenbrille, Trinkrucksack und Beduinen-Schal wird mir trotzdem schnell sehr warm. Der Klimaunterschied nach Deutschland von -2 Grad auf 27 Grad ist hoch und bei drei Tagen gibt es auch zu wenig Zeit zum Akklimatisieren. Eine Athletin aus Russland, welche in Dubai arbeitet, erzählt von Rennen bei 45 Grad. Trotz des Geschummels von einigen und der Hitze, erziele ich fuer mich eine gute Zeit und werde immerhin Siebter in meiner neuen Altersklasse. Ein brauchbarer Saisonauftakt finde ich. 

Ich nutze die Zeit nach dem Rennen und laufe Thomas auf der BEAST Strecke etwas entgegen und was sich von einem Aussichtspunkt auf einem Berg zeigt ist die unglaubliche Leistung der BEAST Starter. Thomas berichtet später das nur 4 von 21 km des Rennen auf festem Untergrund stattgefunden haben, die verbleibende Strecke komplett im feinen weichen Sand, der nach seiner Angabe diverse Farbtöne von gelb und rot bis schwarz und grau annehmen kann. Dazu kommen noch einige echte knackige Steigungen. Die Athleten die von der BEAST Distanz zurückkommen sehen sehr sehr angeschlagen aus. Starke Leistung! 

FAZIT: Für einen Sprint wäre ich die Reise nicht angetreten, aber die Landschaft hat einen sehr bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen. Es ist ein solcher Unterschied zu allem was man sonst von Rennen so kennt. Das Publikum ist sehr bunt und international, von vielen in Dubai lebenden Expats aus aller Welt, OCR Athleten von Indien bis Malaysia, und Muslima aus den arabischen Ländern die in Nike Hijabs verhüllt auf der Strecke alles geben. Das spontane Abenteuer wird mir im Gedächtnis bleiben.

Noch ein paar atemberaubende Bilder von Gregor:

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